Donnerstag, 24. Dezember 2015
Welche Ansätze stehen sich in der Linguistik gegenüber?
Ich habe den Eindruck, es gibt zwei große "Lager".

Die Linguistik nahm ihren Anfang wohl maßgeblich bei Ferdinand de Saussure, welcher einen Blick auf Sprache prägte, der ein strukturalistisches Paradigma hervorgebracht hat. Wenn ich es in Ansätzen richtig verstanden habe kann danach Sprache zur Analyse nicht auf ihre einzelnen Worte heruntergebrochen, sondern muss ganzheitlich betrachtet werden. Wörter stehen in Beziehung zu anderen und können nur als Wortgruppen Sinn vermitteln. Grammatik steht hier wohl an zweiter Stelle. Kollokationen, also das gehäufte benachbarte Auftreten von Wörtern, sind danach anscheinend der Schlüssel zum Verständnis von Sprache.

Nach meinem bisherigen Stand wurde die gegenteilige Meinung (Grammatik ist der Schlüssel) wohl zum ersten Mal von Noam Chomsky formuliert, mit der er dann wohl in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts recht viele Kolleginnen und Kollegen überzeugte, wobei mittlerweile scheinbar auch diese Position in all ihren Spielarten nicht mehr ganz mit solchem Nachdruck vertreten wird. Meinem bisherigen Eindruck nach wohnt ihr zufolge unserem Denken ein intuitives grammatisches Talent inne, dass uns den Spracherwerb ermöglicht. Vokabeln fallen gewissermaßen in eine vielleicht rohe Passform, die durch die Sprachpraxis, die ja das Denken erst maßgeblich ermöglicht, dann feingeschliffen wird.

Mit diesem Vor-Urteil werde ich mich in einige der Schlüsselwerke hineinzulesen haben, um zunächst näher an ein Urteil zu geraten. Danach werde ich überlegen, ob beide Richtungen jeweils Anregungen enthalten, die digitale Analyse von Texten auf eine spannende theoretische Grundlage zu stellen. Zunächst scheint mir eine kollokative Methode realisierbarer. Vielleicht kommt es sogar nur darauf (Realisierbarkeit) an. Auf der anderen Seite scheint mir aber die Richtung, die von Chomsky eingeschlagen worden ist, besonders großen Anklang in der Informatik gefunden zu haben. Und vielleicht würde nach einem Ansatz verborgen bleiben, was beim anderen unmittelbar ins Auge springt.

Vielleicht stellt sich auch Richard Montague als besonders hilfreich heraus, selbst wenn er eigentlich allgemein als verworfen gilt.

Mal sehen.

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