Montag, 4. Januar 2016
Texte in Großaufnahme
Sehr anregend ist es, mit dem Konzept der Morphe und Morpheme in Berührung zu kommen. (Zunehmend denke ich übrigens, dass meine Spekulationen zu Chomsky und vermeintlichen Gegenkonzepten Unsinn sind.)

Ein Morph ist, soweit ich es bis jetzt verstanden zu haben glaube, die kleinste Einheit einer wahrnehmbaren, also geschriebenen oder gesprochenen Wortstruktur, dem potentiell eine Bedeutung zukommt.

Ein Morph wird als Morphem klassifiziert, indem ihm eine Bedeutung als Bestandteil einer Wortstruktur zugeschrieben wird. So gibt es etwa Stammmorpheme, die womöglich mit dem Grundmorphem, der Wurzel eines Wortes, womöglich auch als freies Morphem identisch sind, Diese bilden komplexere Worte mit bestimmten gebundenen Morphemen, den Affixen, die mindestens am Anfang oder am Ende eines Stamms angefügt werden und z.B. grammatische Bedeutung tragen, wie {erste Person Präsens} oder {Plural}.

Ein Affix mit der Bedeutung {Plural} kann im Deutschen etwa eine Menge von Endungen sein wie {-er}, {-e}, {-en}, {-s} und {-n}. Letztere repräsentieren als Morphe jeweils eine Ausprägung des genannten Morphems.

Gut soweit (vorerst,,, Verständnisschwierigkeiten im Hinterkopf). Will ich der Übung halber händisch einen Text bis zu diesem Grad beginnen, morphologisch zu analysieren, so merke ich schnell, dass das in der Tat aus dem Stehgreif gar nicht so einfach ist.

"Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde."

{im} {An-}(?) {fang}(?) {schuf} {Gott} {die} {Him-}(?) {-mel}(?) {und} {die} {er-}(?) {-de}(?)

Die Fragezeichen ergeben sich zunächst aus der Versuchung, Silben als Morphe anzunehmen, die zum jeweiligen Morphem führen. Intuitiv würde ich nicht auf die Idee kommen, Aber alleine schon Instanzen von Morphemen, die wie {-en} für {Plural} stehen leiten dazu an, mehr als nur die offensichtlich ins Auge springende bedeutungstragende Einheit, den Wortstamm, der zumeist ein lexikalisches Morphem sein dürfte, zu beachten, sondern gerade im Hinblick auf grammatische Morpheme gerade auf Affixe und vielleicht sogar auf unikale Morpheme, die etwa wie {Brom-} in Brombeere oder {Schorn-} in Schornstein für sich genommen kein eigenständiges Wort bilden.

Es kommt wohl maßgeblich darauf an, ob sich die vermuteten elementaren Einheiten auch in anderen Wörtern in gleicher Funktion wiederfinden. So finde ich {fang} in ganz vielen Wörtern. Umfang, Windfang, fangen. Und {an-} ist unzweifelhaft ein häufig anzutreffender Affix. Aber kann das wirklich sein? Haben Umfang und Anfang auf dieser Bedeutungsebene wirklich etwas gemeinsames? Und könnte {Him-} womöglich unikal sein? Es gibt diverse Worte, Nomen sogar, die auf {-mel} enden: Schemel, Eumel, Hummel. Kann das sein, dass Himmel tatsächlich noch einmal zerfällt in zwei Morpheme? Und welche, dann ja wohl grammatische Bedeutung trägt {-mel}? - Dabei fällt mir auf: Müsste ich nicht hinter {schuf} auch ein Fragezeichen setzen. Ich habe hier doch eine Flexionsform, oder?

Und währenddessen lese ich mal wieder den Text und staune mal wieder über die Präzision der zutreffenden Schilderung und denke erneut wieder wie dumm Menschen sind, die entweder glauben, Gott habe in sechs Tagen die Welt erschaffen oder die glauben, in der Unwahrscheinlichkeit, dass die Welt in sechs Erdentagen erschaffen worden sei die Bedeutungslosigkeit des Textes zu erfassen, und dabei blind sind für den Inhalt der ihnen vor der Nase steht und zeigt, dass vor erstaunlich langer Zeit (vor der Blüte der griechischen Philosophie etwa) eine erstaunlich zutreffende Schilderung schriftlich fixiert worden ist, die aus noch weiter davor liegender mündlicher Überleferung stammen dürfte. Das lenkt dann zusätzlich ab. Aber ich denke fast, das sind die typischen Anfangsschwierigkeiten. Es wird spannend zu erfahren, wie die Suche zu automatisieren ist.

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